1.2  Persönliche Voraussetzungen

1.2.3 Kaufmännisches Wissen

Ohne kaufmännisches und unternehmerisches Wissen scheitert - über kurz oder lang - in der Regel Jeder, der als Existenzgründer (einzeln oder mit Partnern) den "Sprung in die Selbständigkeit" wagt. Das ist  - wie bereits einleitend zu diesem Lernmodul ausgeführt - ein Erfahrungsfakt, denn Folgendes ist zu beachten:

Mit der - nach außen erkennbaren - Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit wird der Existenzgründer aktiver Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr, sowohl "inputseitig" (in Beziehung zu Lieferanten) als auch "ouputseitig" (in Beziehung zu Abnehmer, Kunden), ganz gleich, ob sich diese Beziehungen in physischen Märkten oder in elektronischen Märkten (über Internet) abspielen und ganz gleich, um welche Art von Produkten und/oder Leistungen es bei diesem Wirtschaftsverkehr im Einzelnen geht.

Es entsteht der Fakt: Der Gründer - als handelndes Wirtschaftssubjekt - unterliegt in diesem Wirtschaftsverkehr der Verantwortung, den Anstand und die Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wahren.
Dies bedeutet zum Beispiel, im Geschäftsverkehr den Grundsatz von Treu und Glauben zu beherzigen, keine Handlungen auf Kosten Dritter zu unternehmen, den Wettbewerbern als loyaler Konkurrent gegenüber zu treten, bei Investitionsentscheidungen die Wirkungen auf die Umwelt ins Kalkül zu ziehen sowie generell ein Verantwortungsbewusstsein für all jene Dinge entwickeln, die den eigenen Geschäftserfolg  ermöglichen.
Um in diesem Sinne erfolgreich zu sein, genügt es nicht, sich in den Geschäftsbeziehungen ethisch verantwortungsvoll verhalten zu wollen, wenn dieses "Wollen" nicht zugleich auch durch ein ausreichendes kaufmännisches Wissen untersetzt werden kann!

Ein solches kaufmännisches Wissen umfasst ein breites Spektrum an Bestandteilen aus mehreren Fachgebieten. Beispiele:

  • Im Rahmen der Erstellung eines Businessplanes gilt es, den Kapitalbedarf für die avisierte Gründung eines Unternehmens zu ermitteln. Frage: Was schließt der Kapitalbedarf alles ein und wie kann er rechnerisch ermittelt werden?

  • Für ein zu gründendes Unternehmen soll ein Grundstück erworben werden. Fragen: Welche Rechtsvorschriften sind dabei zu beachten? Welche Steuern fallen dabei in welcher Höhe an? Welche Folgen hat der notwendige Eintrag ins Grundbuch?

  • Zur Deckung des Kapitalbedarfs soll unter anderem ein Bankkredit aufgenommen werden. Der Bankangestellte fragt den Gründungswilligen, welche Art der Rückzahlung des Kredits (Ratentilgung oder Annuitätentilgung) vereinbart werden soll und ob ein Disagio gewünscht wird. Fragen:  Was ist denn der Unterschied zwischen Ratentilgung und Annuitätentilgung und was hat das mit einem Disagio auf sich?

  • Als Rechtsform eines zu gründenden Unternehmens wird die "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" (GmbH gewählt. Als Kapitalgesellschaft ist die GmbH  gem. § 6 HGB Formkaufmann und somit zur Buchführung gem. § 238 HGB verpflichtet.
    Frage: Was aber hängt alles an dieser Buchführungspflicht sowie an der Pflicht, Jahresabschlüsse nach den einschlägigen Rechtsvorschriften zu erstellen?

  • Für einen ersten Auftrag soll ein Angebotspreis kalkuliert werden. Fragen: Wie ist dabei im Einzelnen vorzugehen? Wie kann in den Preis ein Kundenskonto und ein Kundenrabatt eingerechnet werden?

  • Bei einer Gewinn- und Verlustrechnung sind die erzielten (periodenbezogenen) Erträge den (periodenbezogenen) Aufwendungen gegenüberzustellen, wobei zu beachten ist, dass nicht alle einzubeziehenden Posten zugleich zahlungswirksam sind. Fragen: Welche Posten sind zum Beispiel "Erträge ohne Einzahlungen" und werden damit steuerungspflichtig? Welche Posten sind hingegen "Aufwendungen ohne Auszahlungen" und wirken damit steuermindernd und "schonen" das Bankkonto?

Diese Kette von Problemen und Fragen, die sich beliebig fortsetzen ließe, soll hier nur im Ansatz verdeutlichen, womit ein Existenzgründer - einfach durch den Tatbestand, dass er aktiv in den Wirtschaftsverkehr eintritt - konfrontiert wird und was zunächst gar nichts mit den Sachproblemen bei der Umsetzung seiner Geschäftsidee zu tun hat.

Nun könnte eingewendet werden: Es gibt doch so viel Beratungsmöglichkeiten und Berater (Finanzberater, Steuerberater, Fachleute für Buchführung u. a., siehe Seite UNT 1410), die gern hilfreich zur Seite stehen wollen.
Aber: In der Regel sind derartige Beratungen und entsprechende Dienstleistungen (wie Buchführung) nicht "umsonst" zu haben. Hinzu kommt das Problem der notwendigen Vertrauensbasis, wobei gilt "Vertrauen ist gut, selbst etwas wissen und fachlich beherrschen, ist aber besser!"
Und: Die Verantwortung liegt letztlich immer beim Unternehmer, nicht beim Berater.

Da das (abrufbare) "kaufmännische Wissen" bei den Nutzern dieser Lernsoftware sicherlich unterschiedlich ausgeprägt ist, wird im Abschnitt "Test Kaufmännisches Wissen" ein Angebot gemacht, selbst zu prüfen bzw. zu überprüfen, inwieweit das eigene "kaufmännische Wissen" sattelfest genug ist, um die zu verschiedenen Themenkomplexen gestellten Aufgaben lösen zu können (siehe Seite die Übersicht Seite UNT 1710 sowie Excel-Dateien zur Unternehmensgründung2 ).

 




1 Siehe hierzu auch:

 von Känel, S.: Betriebswirtschaftslehre - Eine Einführung, a. a. O.,

 Herausforderung Selbstständigkeit. IHK Baden-Württemberg (PDF-Datei).

 Link: Selbständig-im-Netz,

 2 Siehe zum Beispiel: "02_01_Gruendung_Start.xlsm"